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Mädchen holen Defizite bei Raumvorstellung schnell auf

Dass Frauen bei Raumvorstellungsaufgaben im Schnitt schlechter abschneiden als Männer, ist ein wiederkehrender wissenschaftlicher Befund. Im Rahmen eines Forschungsprojekts an österreichischen Schulen zeigte sich aber, dass Mädchen schnell aufholen, wenn sie und ihre männlichen Kollegen die gleichen Übungen machen.

Mädchen holen Defizite bei Raumvorstellung schnell auf
Mädchen holen Defizite bei Raumvorstellung schnell auf

In den Unterricht könnten solche Übungen leicht integriert werden, so die Forscher. Im Rahmen des Forschungsprojekts "GeodiKon" sollten Mathematik-Lehrer an Neuen Mittelschulen (NMS), wo auch Grundzüge des Geometrischen Zeichnens am Lehrplan stehen, mit spezifischen Lernmaterialien unterstützt werden. Außerdem ging es den Mathematik-Fachdidaktikern um Günther Maresch von der Universität Salzburg darum, mehr über Möglichkeiten zur Förderung der Raumintelligenz herauszufinden, wie er der APA erklärte.

Dazu wurde zuerst ein neues Modell des Raumvorstellungsvermögens entwickelt. Dieses umfasst die Faktoren "Visualisierung/Räumliche Veranschaulichung" (die Fähigkeit zum Erkennen von geometrischen Figuren und deren Einzelteilen), "Räumliche Beziehungen" (das Auffinden eines Objekts, ausgehend von einer Richtungsangabe mit Bezug auf ein anderes), "Mentale Rotation" (das Drehen einer Figur im Geiste) sowie "Räumliche Orientierung" (das Zurechtfinden in der Umwelt oder auf einer Landkarte).

Auf dieser Basis wurden Lernmaterialien für ein zwölfwöchiges Übungsprogramm erarbeitet. Insgesamt habe man sich auf acht Strategien konzentriert, "die Menschen verwenden, um geometrische Probleme zu lösen. Wir haben erstmals ein strukturiertes Modell der unterschiedlichen Strategien vorliegen, das auch Schulen und der Wissenschaft zur Verfügung steht", sagte Maresch.

An der Untersuchung nahmen 903 Schüler zwischen zwölf und 14 Jahren aus Niederösterreich, Salzburg und der Steiermark teil. Sie absolvierten vor und nach dem Durchlaufen des Programms Raumvorstellungstests. "Wir haben erkannt, dass Mädchen und Burschen ganz unterschiedliche grundsätzliche Stärken mitbringen", erklärte der Forscher. Burschen waren Mädchen in den Faktoren Visualisierung, Mentale Rotation und Räumliche Orientierung im Schnitt voraus. Im Bereich Räumliche Beziehungen zeigte sich kein Unterschied.

"Nun könnte man sich denken, Raumvorstellung ist, wie so oft behauptet, tatsächlich eine männliche Domäne", sagte Maresch. Es zeigte sich aber, dass nach dem Durchlaufen des Programms der Unterschied deutlich kleiner wurde. "Die Stärken liegen zwar bei den Burschen, aber das Steigerungspotenzial liegt eindeutig bei den Mädchen." Lediglich bei der "Räumlichen Orientierung" haben sich die Burschen stärker verbessert. Bei richtiger Förderung scheint es, dass von den vier Faktoren tatsächlich nur dieser eine männliche Domäne sein dürfte, erklärte Maresch.

Große Fortschritte erziele man vor allem, wenn es gelingt, verschiedene spielerische Übungen im Unterricht so einzubauen, dass alle Lösungsstrategien ausgewogen und unbewusst trainiert werden. Gerade wenn jemand verschiedene Strategien anwenden kann, erhöhe sich die Chance dramatisch, solche Aufgaben zu lösen.

"Beeindruckende Effekte" würden sich schon zeigen, wenn man sich nur etwa zehn Minuten in der Woche, über ein Schuljahr hinweg, damit auseinandersetze. Die Ergebnisse legen auch nahe, dass sich der einfache Einsatz von Konstruktionsspielzeug wie Bausteinen im Unterricht sehr positiv auswirken kann. Daher die Empfehlung: "Bitte setzt im Unterricht wieder haptische Materialien ein. Lasst Schüler die Objekte wieder im wörtlichen Sinne begreifen", so Maresch.

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