Pille, was ist los mit mir?

Die Star-Trek-Reihe zog und zieht Wissenschafter, Techniker und Astronauten in ihren Bann

Text: Sophie Hanak
vom 21.06.2017

In den ersten Abenteuern der Fernsehserie "Raumschiff Enterprise" fliegt die Besatzung fünf Jahre lang durch das Weltall. Das riesige Raumschiff scheint perfekt zu sein. Eine eigene Stadt, in der alles vorhanden ist. Dafür sind aufwendige Technologien notwendig. Ihre Darstellung in der Serie inspirierte manche dazu, in die Forschung zu gehen. Auch soll sie die eine oder andere neue Idee angeregt haben. So führen manche die Entwicklung der ersten Klapphandys auf Captain Kirk's Kommunikationsgerät zurück. Möglicherweise wurden auch die Macher des 3D-Druckers vom Nahrungsmittel-Replikator angespornt.

Star Trek in der Genderforschung und in der Theologie

Um herauszufinden, inwieweit Star Trek die Wissenschaft inspiriert, hat Joachim Allgaier von der Universität Klagenfurt wissenschaftliche Datenbanken nach Begriffen aus der bekannten Science-Fiction-Serie durchforstet. Dabei hat er eine Vielzahl an wissenschaftlichen Publikationen gefunden, in denen tatsächlich auf Star Trek Bezug genommen wird. Besonders stark in der Medizin und den Ingenieurswissenschaften. Aber auch in der Genderforschung oder der Theologie wird auf Star Trek hingewiesen und ein Zusammenhang dargestellt. "Star Trek wird in Publikationen verwendet, weil es sehr populär ist und eine Studie verständlicher darstellen kann. Es hat ein positives Image und zeigt, dass uns Technik voranbringt", sagt Allgaier. "Möglicherweise haben sich vereinzelt Technologien aus Star Trek heraus entwickelt, dennoch ist es schwierig herauszufinden, ob es wirklich einen monokausalen Zusammenhang gibt."

Überaus wichtig für die Produzenten von Star Trek war es, wissenschaftliche Plausibilität zu liefern. "Dies ist beim Beamen, der Technologie für die Teleportation von Personen und Objekten, offensichtlich. Aufgrund der Heisenbergschen Unschärferelation, die besagt, dass es unmöglich ist, die Position und den Impuls eines Quantenpartikels gleichzeitig zu bestimmen, wurde die Technologie auf dem Raumschiff Enterprise mit einem sogenannten Heisenberg Compensator ausgestattet. So konnte die physikalische Unmöglichkeit umgangen werden", erklärt Allgaier. Die Technologie des Beamens, die sich wohl jeder von uns schon das eine oder andere Mal sehnlichst herbeigewünscht hat, wurde ursprünglich erfunden, um bei den Produktionskosten der Serie zu sparen. Aufwendige Starts und Landungsszenen waren so nicht nötig.

Zumindest offenbart uns ein bekannter österreichischer Physiker einen kleinen Hoffnungsschimmer: "Ich würde nicht sagen, dass das Beamen grundsätzlich unmöglich ist. Aber das wird erst irgendwann einmal in ferner Zukunft sein", meint Anton Zeilinger, Präsident der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und Professor am Wiener Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI)."Wir werden diese Technologie eher zur Informationsübertragung nutzen und nicht zum Reisen wie in Star Trek."

Achtung, Anton, beamen Sie mich bitte hoch!

An den Spitznamen Mr. Beam, den Anton Zeilinger aufgrund seiner Forschung, der Teleportation eines Quantenzustandes, verliehen bekam, hat er sich mittlerweile gewöhnt: "Jetzt finde ich es sogar recht witzig." Zeilinger und sein Team arbeiten an der weltweiten Informationsübertragung von Quanten. "Dies ist in gewisser Weise schon analog zum Beamen, aber mit dem Reisen hat es nichts zu tun." Zeilingers Vision ist ein Quanteninternet, das um ein Vielfaches schneller sein wird als das bisherige und mit dem eine Unmenge an Daten übertragen werden kann.

Um wie das Raumschiff Enterprise schnell von einem Planeten zum anderen zu fliegen, muss die Lichtgeschwindigkeit überwunden werden - ein heute unlösbares Problem. Die Enterprise hat es gelöst. "Wenn man schneller als Licht reist, könnte man auch in die Vergangenheit reisen. Doch dann kommt das berühmte Großvater-Paradoxon zum Tragen", sagt Zeilinger.

Dieses Paradoxon handelt davon, dass jemand in die Vergangenheit reist, um seinen Großvater zu töten. Wenn das vor dem Zusammentreffen des Großvaters mit der Großmutter geschieht, ergeben sich Widersprüche: Der Zeitreisende löscht durch den Mord auch seine eigene Existenz aus -wodurch weder die Zeitreise noch der Mord geschehen kann. Dieser unüberbrückbare Widerspruch macht Zeitreisen unmöglich. "Aber wer weiß, vielleicht hat ja jemand einmal eine clevere Idee, um dieses Paradoxon zu lösen", schmunzelt Zeilinger. Er ist der Meinung, dass Science Fiction eine gute Inspiration für die Wissenschaft sei. "Ich habe Star Trek gern angeschaut, ich fand das immer recht interessant. Es kann Menschen sicherlich zu neuen Ideen anregen."

Das Holodeck der Softwaretechniker an der Technischen Universität Wien

Eine weitere Technologie auf der Enterprise ist das Holodeck. Es wird zu Freizeit-, Übungs- oder Forschungszwecken verwendet. Am Institut für Softwaretechnik und interaktive Systeme der TU Wien arbeiten Hannes Kaufmann und sein Team am sogenannten "Immersive Deck". Die Technologie hat Ähnlichkeit mit dem Holodeck des Raumschiffs Enterprise.

"In meiner Kindheit war ich von Star Trek fasziniert. Dennoch gab das nicht den Ausschlag für meine Forschung. Sie erfolgte auf einem logischen Weg", sagt Kaufmann. "Wir nutzen natürlich auch die Popularität von Star Trek, um zu vermitteln, was wir machen, denn das ist nicht immer einfach. Wenn wir den Menschen erzählen, dass sie mit unserer Technologie durch große virtuelle Welten gehen können, fehlt zumeist das Verständnis - erwähnen wir aber das Holodeck, ist es viel einfacher."

Technologisch unterscheiden sich das Holodeck von Star Trek und jenes der TU Wien sehr stark. Denn im Holodeck des Raumschiffs wird durch Energie Materie erzeugt. So ist es möglich, die Dinge, die man sieht, zu spüren. Das ist das nächste Ziel an der TU Wien. "Wir wollen versuchen, die Dinge im Holodeck angreifbar zu machen. Das soll mit der Hilfe eines Roboters möglich sein, der neben einem herfährt und einem die Dinge, die im virtuellen Raum berührt werden sollen, entgegenhält", so Kaufmann.

Die Anwendungsbereiche dieser Technologie sind äußerst vielfältig: Rettungs-oder Feuerwehreinsätze können trainiert werden, in der Industrie die Mitarbeiter schon auf neue Maschinen eingeschult werden, bevor diese tatsächlich geliefert werden, und wir können auch an längst verschwundene Orte reisen. "Virtual Reality ist sicher nicht für jeden von uns geeignet und es ist wichtig, dass es dort verwendet wird, wo es wirklich etwas bringt."

Nichelle Nicols aka Lieutenant Uhura rekrutiert Astronauten

Nicht nur die Technologien des Raumschiffs, sondern auch die Darsteller faszinieren die Menschen. So sagen einige Wissenschafter, dass sie etwa von Spocks Logik so fasziniert waren, dass sie deswegen in die Forschung gegangen seien. Er verkörpert eine hochentwickelte, intelligente Spezies, nämlich den perfekten Wissenschafter.

Nichelle Nichols, die Lieutenant Uhura darstellte, hatte enorme Auswirkungen auf die Repräsentation von Minderheiten. Dessen war sich auch die NASA bewusst. Daher wurde Nichols von der NASA beauftragt, potenzielle Astronauten zu rekrutieren. Das Programm war sehr erfolgreich und Nichols maßgeblich dafür verantwortlich, dass es viel mehr Bewerbungen von Frauen und Angehörigen von Minderheiten gab.

Für diese Astronauten wird es noch einige Zeit dauern, bis sie wie Captain Kirk und sein Team von Planet zu Planet reisen können, um diese womöglich zu besiedeln. Dies soll aber in der Zukunft einmal wichtig und notwendig sein, davon ist zumindest der theoretische Physiker Stephen Hawking überzeugt. Er meint, dass die Menschen langfristig nur in der Lage sein werden zu überleben, wenn es gelingt, andere Planeten zu besiedeln. Denn innerhalb der nächsten tausend oder zehntausend Jahre ist mit einer Katastrophe auf der Erde zu rechnen. So ist es besonders wichtig, mögliche Gefahren neuer Entwicklungen zu erkennen und zu kontrollieren -und dabei den Optimismus zu bewahren. So wie die Crew der Enterprise.

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